Vlies und Steine sind gar nicht so pflegeleicht

Immer wieder sieht man Vorgärten, die mit Unkrautvlies/Folie und Steinen oder Schotter angelegt sind. Zwischendrin liegen vielleicht noch ein paar große Steine und kunstvoll beschnittene Solitärgehölze sind eingepflanzt. Oft lautet die Begründung „Es muss pflegeleicht sein!“. Aber stimmt das überhaupt? Sind solche Lösungen wirklich so pflegeleicht, wie sie auf den ersten Blick scheinen? Auf Dauer?

Unkraut kommt auch (und vor allem) von oben

Das Unkrautvlies schützt vor Wurzelausläufern. Allerdings verbreitet sich nur ein kleiner Teil der gefürchteten Unkräuter (z.B. Quecke, Ackerwinde und Fingerkraut) auf diesem Weg. Selbst wenn sie es tun, samen sie oft auch aus. Alle Samen, die durch Wind, Ameisen oder Vögel verbreitet werden, kommen von oben: Löwenzahn, Disteln, Ahorn- oder Buchensämlinge landen auf der Steinschicht. Die Ackerwinde kann ziemliche Strecken unter einer Abdeckung wachsen und dann an den Rändern wieder rauskommen. Im ungünstigsten Fall wurzeln Unkräuter durch das Vlies; die Quecke beispielsweise schafft das auch bei stabilen Qualitäten locker. Beim Versuch sie zu entfernen, reißt das Vlies ein oder wird mit nach oben gezogen. Doch selbst ohne zerstörerische Wurzeln ist die Haltbarkeit von Vlies oder Folie nur begrenzt, es zersetzt sich auf Dauer, wird durchlässig und bröselig. Der Austausch bringt nicht nur viel Arbeitsaufwand, sondern auch einen Berg teuer zu entsorgenden Restmüll mit sich.

Pollen sammeln sich in den Steinen

Auch Pollen werden vom Wind angeweht und sammeln sich in solchen Flächen. Ein Windstoß genügt, und sie verteilen sich bei trockener Witterung in der Umgebung. Der Regen wäscht sie nicht ins Erdreich, sondern zwischen die Steine, wo sie später wieder aufgewirbelt werden. Wer also als Allergiker denkt, er tue sich einen Gefallen, wenn er statt Heuschnupfen auslösender Pflanzen, Steine in den Vorgarten schüttet, könnte sich ein ganz großes Eigentor schießen.

Nasses Laub ist schwer zu entfernen

Landet auch noch Laub auf den Steinen, ist es vorbei mit pflegeleicht. Kann man trockenes Laub noch mit Rechen oder Laubsauger entfernen, bleibt nasses Laub gern an und zwischen den Steinen kleben. Zusammen mit Staub, Feuchtigkeit und Dreck bildet es Humus. Selbst ganz wenig davon reicht, um genügsamen Pflanzen einen willkommenen Nährboden zu bieten. Während sich auf bewachsenen Flächen das Laub durch das Bodenleben in Humus verwandelt und die Erde bereichert, kehrt sich das hier zum Nachteil. Zumindest im Hinblick auf die Pflegeleichtigkeit, denn Humus, der Nährboden für Pflanzen darstellt, ist bei solchen Flächen unerwünscht. Ganz ohne Bodenleben bleiben aber auch Stein- und Schotterflächen nicht. Spinnen und Asseln fühlen sich dort ziemlich wohl und es wurde auch schon beobachtet, dass sich Mäuse unter Vliesschichten gut vor Raubvögeln verstecken können.

Schotter kann schlecht begehbar sein

Grober Schotter, womöglich noch am Hang, ist schlecht begehbar. So ist es schwierig, Laub oder erste Unkräuter zu entfernen. Auch einfache Pflegemaßnahmen erschwert das.

Steine speichern Hitze

Knallt die Sonne auf Steinflächen, so erwärmen sie sich deutlich. Die Hitze strahlt auf die Häuser ab, die Temperatur liegt höher als bei bewachsenen Flächen. Je dunkler die Steine, desto heißer werden sie.

Schatten und Regen lassen die Steine vermoosen

Liegen die Steinflächen im Schatten, so vermoosen und veralgen sie schnell und sehen dann ziemlich schmuddelig aus. Ist die Fläche gerade und womöglich der Untergrund schwerer Boden, so kann sich Regenwasser stauen.

Bepflanzung kümmert oft

Wenn Pflanzen in solche Flächen eingebracht werden, dann kümmern diese oft, weil sie nicht für die Anforderungen geeignet sind. Es ist heiß im Wurzelbereich und das natürliche Bodenleben ist unterdrückt. Das halten nur wenige Pflanzen aus.

Folie mit Mulch ist auch keine Alternative

Auch das ist keine wirklich pflegeleichte Alternative. Mulch auf Folie oder Vlies bildet noch schneller Humus als Steine und schon wächst was. Auch wird Mulch oder auch zu dünne Steinschichten recht schnell abgetragen und die blanke Folie bruzzelt in der Sonne. Dadurch verschleisst sie noch schneller und muss dann arbeits- und müllaufwendig ausgetauscht werden.

Kostengünstig?

Die Kostenspanne für solche Anlagen ist sehr breit und auch regional unterschiedlich. Mehrere Tausend Euro kommen aber ganz schnell zusammen. Wer überlegt, einen bestehenden Vorgarten so umzugestalten, möge bitte mal übern Daumen peilen, wieviele Gärtnerstunden zur Pflege und eventuell pflegeleichten Umgestaltung (mit beispielsweise Bodendeckern und Stauden) des bestehenden Gartens dafür gebucht werden können. Und auch wer neu anlegt, sollte genau rechnen. Untergrund aufbereiten, Material und ein paar dekorative Objekte können schnell ins Geld gehen.

Ökologische und ästhetische Gesichtspunkte habe ich hier bewusst nicht einfließen lassen, es ging mir lediglich um den Aspekt der Pflegeleichtigkeit. Auf den ersten Blick sieht es vielleicht so aus, aber die Tücke lauert im Detail.

Späte Reue – was wächst drauf?

Wenn dich die späte Reue packt und du keine Mittel zur erneutem Umgestaltung hast:

  • Nachtkerze
  • Königskerze
  • Akelei
  • Goldlack
  • Dost
  • wilde Karde

und viele andere genügsame Pflanzen (Stichwort Ruderalgewächse) könnten auf deiner (mittlerweile) unansehnlichen Schotterfläche wachsen. Wirf einfach großzügig Samen aus. Natürlich nur auf deinem eigenen Grund und Boden und auf gar keinen Fall in freier Natur oder beim Nachbarn!

 

3 Antworten auf „Vlies und Steine sind gar nicht so pflegeleicht“

  1. Hallo Sabine,
    mal ein Statement zum Thema Schotterflächen das nicht auf den ökologischen (Un)sinn oder guten/schlechten Geschmack dieser Flächen, sondern auf die praktische Seite abzielt. Ich schätze ohne erhobenen Zeigefinger verstehen die „Schotterkäufer“ viel eher, dass diese Vorgärten wirklich auf keine Weise Sinn machen. Zu viel kriege ich wenn ich höre, dass in Fernsehbeiträgen über diese Gartenform von „Steingärten“ geredet wird. Denn das ist nun wirklich was ganz anderes.
    Viele Grüße
    Claudia

    1. Hallo Claudia,
      genau das war mein Anliegen. Mal alle ökologischen und sonstigen Punkte außen vor zu lassen und wirklich nur auf das Argument der (vermeintlichen) Pflegeleichtigkeit einzugehen. Dem sind Gespräche vorangegangen mit Leuten, die sich einen solchen Vorgarten zugelegt haben und dann feststellen mussten, dass es eben nicht wenig Arbeit ist. Und seitdem beobachte ich und habe Argumente gesammelt. Allein und in einer Gartengruppe. Weil ich glaube, dass auf einer sachlichen Ebene mehr zu erreichen ist. Der Artikel darf gerne als Argumentationshilfe betrachtet und verwendet werden.

  2. Sabine, ich habe dieselben Beobachtungen gemacht. In der Nachbarschaft hat jemand nur eine kleine Ecke in dieser Art angelegt.
    Ich hab’s hier eher natürlich, werfe immer wieder mal Samen hin, oder lasse Pflanzen, die sich von selbst ansiedeln.
    Jetzt haben die Nachbarn einen herrlichen Nachtkerzenbusch und kräftigere wilde Karden als ich.

    Nur, das Vlies drunter belassen, ist ja auf Dauer auch keine gute Lösung.

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