Abendstimmung im Garten. Ein paar letzte fleißige Bienchen summen noch vor der Nachtruhe herum. Das Licht wird sanft und golden. Die Füße hochgelegt und ein bisschen in Franziska Beckers Buch rumschmökern. „80 wilde Pflanzen für ökologisch wertvolle Gärten und Balkone“ lautet der Untertitel. Irgendwann werde ich mir den Spaß machen und abgleichen, wie viele davon schon hier in meinem ökologischen Garten zu finden sind. Und wie meine Chancen stehen, die noch nicht vorhandenen Blümlein vielleicht doch noch anzusiedeln. Denn „insektenwichtig, robust, umkompliziert“ steht da weiter auf der Titelseite des 160 Seiten umfassenden und trotzdem handlichen Büchleins.
Inhalte
Einführungsteil
Auf wenigen Seiten gibt Franziska Becker einen kompakten und dennoch umfassenden Überblick darüber, wie sich unsere heutigen Blütenpflanzen aus den einfach gebauten Blaualgen entwickelt haben. Wie funktioniert das mit der Photsynthese? Was hat es mit den Bienchen und Blümchen auf sich (im Sinn der Koevolution von Pflanzen und Insekten und auch, wie diese miteinander kommunizieren)? Was Archäophyten, Neophyten und invasive Arten sind, wird genauso anschaulich erklärt wie die natürliche Intelligenz, mit der Pflanzen auf Umwelteinflüsse reagieren. Und zwar sowohl auf natürliche wie auch auf menschgemachte.
Die verschiedenen Fruchttypen und ihre Verbreitungswege sind ein weiteres Thema. Ob, wie und wann können Samen gesammelt, aufbewahrt und ausgesät werden. Bevor es dann mit den eigentlichen Portraits losgeht, gibt es noch eine kurze Erläuterung zu den Portraitinhalten und dem Aufbau der Steckbriefe, die bei jeder Pflanze kurz, prägnant und übersichtlich wichtige Informationen wie Wuchshöhe und -breite, Lichtverhältnisse, Wasser- und Nährstoffbedarf sowie Hinweise zum Sammeln und Aussat enthalten.
Die Pflanzenportraits
Von der Ackerkratzdistel bis zum zottigen Weidenröschen reichen die Pflanzenportraits. Zu jeder Pflanze gibt es auf ein bis zwei Seiten wissenswerte allgemeine Informationen, insbesondere auch darüber, welchen Insekten und Vögeln sie besonders nutzt. Im Steckbrief die oben schon angesprochenen Infos. Samen und Aussaat wird relativ ausführlich dargestellt. Das Buch ist die gedruckte Aufforderung, diese ‚Wilden Pflanzen‘ in den Garten oder die Töpfe auf Balkon/Terrasse zu holen und weiter zu verbreiten.
Franziska Beckers Definition der ‚Wilden Pflanzen‘ wird vielleicht den ein oder anderen Hardliner abschrecken: „Es werden 80 wilde Pflanzen porträtiert, die sich an Wegesrändern, auf Ackerflächen, an Bachufern, auf Wiesen, an Waldrändern, auf Böschungen, im Garten und in den Pflanztöpfen wild versamen.“ Denn neben 62 einheimischen Pflanzen, werden auch 12 eingebürgerte Neophyten und 6 unbeständige Neophyten porträtiert. Die Duft-Reseda beispielsweise, die als unbeständiger Neophyt den Pollen liefert, den die Reseda-Maskenbiene für ihre Nachkommen braucht. Es sind auch einige wenige Pflanzen dabei, die ich erstmal überwiegend im Garten verorten würde, wie beispielsweise Schnittlauch oder Kapuzinerkresse. Die Anforderung „insektenwichtig, robust, unkompliziert“ und sich selbst aussäend erfüllen sie allerdings auch. Mit den im Buch porträtierten Pflanzen gelingt es, ein vielfältiges, durchgehendes Trachtband für Insekten und Futter für Vögel zu schaffen.
Praktische Hilfen zum Ausklang
Das Buch animiert von der ersten bis zur letzten Seite zum Samenkörnchen ausstreuen, Saatgut sammeln und das bisschen Welt und Artenvielfalt retten, das uns möglich ist. Selbst wer nicht alle vorgestellten Pflanzen bei sich ansiedeln kann, kann im Kapitel „9 mal 5 – Die Top 5 der Wilden Pflanzen für Insekten und Vögel“ einen Schwerpunkt auswählen: Raupenfutter (für Tag- und Nachtfalter), Nektar- und Pollenquelle wahlweise für Tag und Nachtfalter, solitäre Wildbienen, Hummeln, Schwebfliegen, Käfer und Florfliegen, Futter für Vögel oder besonders früh blühende Pflanzen.
Alle porträtierten Pflanzen finden sich in einer übersichtlichen Tabelle mit den wichtigsten Standortansprüchen. Sehr hilfreich, um die geeignete Wilde Pflanze für einen speziellen Standort zu finden. Die Balkon- und Terrassengärtner wird freuen, dass darin auch die Topfeignung abgebildet ist. Literaturverzeichnis und alphabetisches Register runden das Werk ab.
Die Autorin
Franziska Becker, Umweltwissenschaftlerin (M. Sc.) widmet sich seit 2011 der Naturfotografie, Pflanzenvermehrung und ökologisch wertvollen Garten- und Balkongestaltung.
Franziskas Blog Blühendgrün
Für wen ist „Die Natur ist der bessere Gärtner“ geeignet?
Das gefällt mir so richtig gut an diesem Buch: es ist für ziemlich jeden bereichernd, der wenigstens ein bisschen zur Erhaltung der Artenvielfalt beitragen möchte. Dem Einsteiger gibt es einen tollen Überblick über unkomplizierte Pflanzen und wie es gelingt, sie im Garten oder in Töpfen anzusiedeln. Wer im konventionellen Garten ein wenig mehr Natur zulassen will, findet gute Alternativen zu Geranien. Aber auch wer schon viele der ‚Wilden Pflanzen‘ im Garten zulässt oder angesiedelt hat, findet garantiert noch welche, die den Standort noch gut bereichern können. Wer gerne Hummelpopos sieht, kann den dicken Brummern attraktive Futterangebote machen. Und wer Schmetterlinge nicht nur im Bauch, sondern auch im Garten mag, kann den Raupen Futter geben.
„Die Natur ist der bessere Gärtner“ ist Inspiration und Nachschlagewerk zugleich. Noch perfekter wäre es, wenn zusätzlich zu den Bildern der Blüten und Samen auch noch je ein Foto der jungen Pflanze dabei wäre, um nachschauen zu können, was da für ein ‚Unkraut‘ wächst. Aber das wäre nur das allerletzte Sahnehäubchen, denn auch in der jetzigen Form ist es ein schönes und vor allem hilfreiches Buch.
Ein wertvoller Begleiter für ein ganzes Gartenleben!
Franziska Becker: „Die Natur ist der bessere Gärtner“
- Taschenbuch: 148 Seiten
- Verlag: BoD – Books on Demand; Auflage: 3 (31. März 2020)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3750409528
- ISBN-13: 978-3750409521
- Größe und/oder Gewicht: 17 x 0,9 x 22 cm
- 62 Farbfotos und 80 Schwarzweißzeichnungen